Millionenschaden, Imageverlust und Verletzung der Grundrechte. Der Ausstand der Eisenbahner ist folgenreich. 10 Millionen Euro Schaden am Tag, Imageverlust, Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern, aufgebrachte Kunden! Dies alles nimmt der bestreikte Global Player in Kauf, nur um einer kleineren Gewerkschaft nicht zuzustimmen? Eine Gewerkschaft, die sich nicht mit Geld bestechen lässt. Ein Gegner der Hausgewerkschaft. Ein beschlossenes Tarifeinheitsgesetz. Verletzung der Grundrechte. Der Ausstand ist ein Dorn im Auge vieler.

Wen vertritt die GDL und die EVG?

Die seit 1946 existierende Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) vertrat zur Gründungszeit lediglich Lokführer. Doch nun möchte sie auch Zugbegleiter, Kundenbetreuer und das restliche Servicepersonal vertreten. Nach solch langer Existenz ist eine Umbenennung nicht sinnvoll. Die Hausgewerkschaft der Deutschen Bahn ist die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Sie vertritt den Großteil des Servicepersonals und zählt insgesamt über 200.000 Mitglieder. Aber auch ein geringerer Teil an Lokführern werden von dieser Gewerkschaft vertreten.

Forderungen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL)

Beim Ausstand der Eisenbahner geht es um viel. Gefordert werden:

  • 37 Stunden Arbeitswoche statt 39 Stunden
  • 5% mehr Gehalt
  • 5 Schichten in 5 Tagen statt 7 Schichten in 6 Tagen
  • weniger Überstunden und Abbau der vorhandenen Überstunden
  • gleiche Arbeitsverträge für Lokrangierführer und Streckenlokomotivführer
  • keine Einschränkung des Streikrechts

Im Vergleich die Forderungen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)

  • 5,1% mehr Gehalt
  • keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen
  • keine Gegenwehr gegen die Einschränkung des Streikrechts

Forderungen: Nicht überzogen – es geht um mehr

Die Forderungen der GDL mögen für Laien überheblich wirken. Doch wissen die wenigsten, dass es sich um eine faire Forderungsliste handelt und es bei dem Ausstand nicht nur um mehr Geld geht, sondern um die Sicherung des Grundrechtes, welches vielen andere Berufsgruppen auch zu Gute kommt.

Streikgrund der Eisenbahner im Betriebsdienst

Das gesamte Personal des Fahrdienstes der Deutschen Bahn ist vollkommen ausgelastet. Zum 14. Januar 2014 hatten die Lokführer der Deutschen Bahn 2,6 Millionen Überstunden im Wert von 614 Millionen Euro angehäuft. Im Jahr 2013 waren es „nur“ knapp 2,3 Millionen im Wert von circa 540 Millionen Euro. Das ist im Januar 2014 ein Anstieg von rund 12 Prozent gegenüber des Jahres 2013. Dies kam trotz „großer Personaleinstellungen“ zustande.

Ob sich dies in den kommenden Jahren ändern wird, sei in Frage gestellt. Ich bezweifele dies. Zudem wird beim Ausstand für 5% mehr Gehalt gestreikt. Ein Lokführer verdient derzeit zwischen 2.200 Euro und 3.000 Euro Brutto inklusive jeglicher Zusatzleistungen wie

  • Nachtarbeit
  • Schichtdienstzulage
  • Fremdübernachtungen.

Das Zugpersonal verdient je nach Region unterschiedlich. Das Durchschnittslohn liegt bei 2060 Euro plus Zulagen für Schichtdienst, Nachtdienst und Unterkunft.

  • Region Deutschlands
  • Baden – Württemberg
  • Bayern
  • Berlin
  • Brandenburg
  • Bremen
  • Hamburg
  • Hessen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Niedersachsen
  • Nordrhein-Westfalen
  • Rheinland-Pfalz
  • Saarland
  • Sachsen
  • Sachsen-Anhalt
  • Schleswig-Holstein
  • Thüringen
  • 16 Regionen
  • Gehalt Brutto Durchschnitt
  • 2.580 €
  • 2.092 €
  • 1.604 €
  • 2.472 €
  • 1.742 €
  • 2.016 €
  • 1.922 €
  • 1.639 €
  • 1.919 €
  • 2.072 €
  • 2.097 €
  • 2.086 €
  • 2.478 €
  • 1.626 €
  • 1.928 €
  • 2.692 €
  • Durchschnitt 2.060 €

Neben dem eigentlichen Nachtdienst/Schichtdienst müssen Eisenbahner im Betriebsdienst Fachrichtung Lokführer/Transport auswärts in ausgewählten Hotels übernachten. Diese Übernachtungen sind bei Zugbegleitern 1-2 mal, gelegentlich öfter pro Woche der Fall. Sogar Auslandseinsätze sind keine Seltenheit mehr. Für speziell ausgebildetes Personal sind Reisen nach Amsterdam, Paris, Brüssel, Prag und vielleicht bald London keine Seltenheit.

Ein Familienleben ist somit nicht immer ganz einfach aber durchaus möglich. Jedoch könnte die Entlohnung für diesen körperlichen Stress und den gesamten Mehraufwand, der auch die Familie einbezieht, besser sein. Im Vergleich zu den Nachbarländern Schweiz und Österreich verdienen deutsche Zugbegleiter teilweise über 50 Prozent weniger. Der Eisenbahner Ausstand, der die Gemüter dermaßen erhitzt, hat seine Berechtigung.

  • Land
  • Deutschland
  • Schweiz
  • Österreich
  • Fremdwährung
  • 5.156,04 CHF
  • Monatsgehalt in Euro
  • 2.060 €
  • 4.910 €
  • 3.486 €

Das Streikrecht: Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschlands

Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für Jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Diesem Auszug aus dem Grundgesetz ist zu entnehmen, dass das Streikrecht in keinem Falle angerührt und geändert werden darf. Dem zufolge kann man entnehmen dass die Regierung, ganz speziell Frau Andrea Nahles (Bundesministerin für Arbeit und Soziales, SPD-Bundesabgeordnete), sich auf einem äußerst schmalen Grat bewegt, indem sie mit ihrer Koalition das Streikrecht antastet und verändert. Die besagte Dame wird die Tarifeinheit einführen. Womöglich erfüllt sie dadurch einen Straftatbestand.

Tarifeinheit

Eine Tarifeinheit steht zu der jeweils größten Gewerkschaft eines Betriebes. Mit der Tarifeinheit sollen kleine „Spartengewerkschaften“ wie zum Beispiel die GDL den großen Gewerkschaften wie der EVG weichen.

Argumentiert wird mit einer Zusammenarbeit der konkurrierenden Gewerkschaften. Somit soll nur noch die führende Gewerkschaft Tarifverträge abschließen können. Somit dürfen auch nur noch die großen Gewerkschaften streiken. Die Tarifeinheit ist beschlossen und wird noch im Sommer diesen Jahres in Kraft treten. Warum dieses Gesetz beschlossen wurde obwohl es illegal ist und gegen das Grundrecht verstößt, verstehen viele nicht. Auch ich nicht!

Nützlichkeit im aktuellen Tarifkonflikt

Dem Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer kommt die Tarifeinheit nur zu Gute. Zum wiederholten Male schaltet sich die GDL für Ihre Mitglieder ein und stellt sich der Auseinandersetzung mit der DB. Wiederholt versucht der Vorstandsvorsitzende Dr. Rüdiger Grube auf Zeit zu spielen und hofft, den Ausstand irgendwie ohne Zugeständnisse aussitzen zu können. Er wusste und vielleicht war es auch abgesprochen, zum jetzigen Zeitpunkt ein Tarifeinheitsgesetz aus dem Boden zu stampfen.

Die Hausgewerkschaft EVG wird dieses Gesetz weniger betreffen, da die Verhandlungen über neue Tarifverträge den Wünschen des Arbeitgebers angepasst werden. Beim angenehmen Dartabend werden neue Gehälter wahrscheinlich mit den Darts „erschossen“ und im Anschluss dann auf Papier manifestiert.

Für bessere Arbeitsbedingungen und Entlastungen der Angestellten wird nicht gespielt. DB und EVG gehen davon aus, dass das Personal käuflich ist. Dort macht die GDL jedoch einen Strich durch die Rechnung. Somit wird dieses grundrechtsverletzende Gesetz den Global Player vor weiteren Umsatzeinbrüchen (wie 2014 zu bemerken waren) bewahren.

Umgehung des TEG

Auch ohne ein Tarifeinheitsgesetz (TEG) könnte man die Streitigkeiten der beiden Kontrahenten beseitigen. Statt deutsche Steuergelder in Weltgeschäfte in Hong Kong, Malta und Indonesien oder in Anstiege von Führungsprovisionen in Höhe von 174% zu investieren sollte die Deutsche Bahn Holding ihre Umsätze und Gewinne in den Standort Deutschland investieren. Ausbau von Verkehrswegen, Fahrzeugen und Personal stehen mit höchster Priorität im Raum – eigentlich. Sie sehen, bei dem Ausstand der Eisenbahner geht es um mehr. Um viel mehr.

Auswirkungen der Grundrechtsverletzung

Für was braucht man Gewerkschaften, wenn selbst der Ausstand der Eisenbahner als letztes Hilfsmittel für bessere Arbeitsbedingungen vom Staat dermaßen kontrolliert wird? Wie man an diesem traurigen Beispiel sieht, kann Vater Staat auch mit den Grundrechten ähnlichen wie mit Tennisbälle jonglieren – ohne Rücksicht auf die Bürger zu nehmen. Ob das im Sinne der Demokratie in Einklang steht, ist eine andere Frage.

Aktueller Stand

Der 9. Ausstand der GDL wurde vorzeitig vor dem Pfingstwochenende beendet. Zur Zeit befindet sich die angespannte Situation zwischen der Deutscher Bahn und der GDL in einer Schlichtung. Der ernannte Schlichter Bodo Ramelow kritisiert das Verhalten der Deutschen Bahn. Er unterstellt der Deutschen Bahn, dass sie freie Verhandlungen gesetzlich verbieten lassen will. Damit hat er Recht, auch wenn ein Streikhahn sich dazu nicht äußert. Wollen wir doch mal abwarten, was aus der Schlichtung wird.